ReFib - Recyclingfibroin als Textilveredelung ist als Bachelorarbeit im Textildesign bei Bettina Göttke-Krogmann im Februar 2023 entstanden. Die Arbeit öffnet das Feld für spannende Fragen und vertiefte Forschung mit Seidenfibroinen. Mit Methoden der forschenden Gestaltung wurden Experimente entwickelt, die zum Ziel haben, wissenschaftliche Erkenntnisse erlebbar und nutzbar zu machen. Einerseits geht es darum, Visionen aufzuzeigen, wie Materialien effizienter und vielfältiger genutzt werden können. Andererseits wird durch anschauliche Versuche gezeigt, dass diese Visionen auch umsetzbar sind.
Während der Residency 'living layers' im BioLab der BURG entstand im WiSe 2021/22 das Projekt silcularity - vitalizing silk layers. Dabei ist aufgefallen, dass auch bereits verarbeitete Seide lösbar ist. Aus dieser Erkenntnis entstand das Konzept ‚silcularity‘. Es beschreibt Verfahren, um natürliche wie artifizielle Seiden in einen zirkulären Materialkreislauf einzubetten. Dies kann beispielsweise mittels eines natürliches Lösungsmittel, welches Seidenfibroine aus Kokons, Mixgeweben und Produktionsresten
löst, geschehen. In einem nächsten Schritt kann das flüssige Recyclingfibroin (ReFib) in verschiedenen Formen und Verfahren ausgehärtet werden. Hieran wird in dieser Arbeit angeknüpft, indem weitere Komponenten auf ihre Umsetzbarkeit hin erforscht werden.
Dazu wurden in einem größeren Umfang Seidengewebe aufgelöst, und Verfahren entwickelt, um diese als Veredelung für textile Fasern einzusetzen. Die Fragen, wie eine permanente Anbindung an textile Fasern gelingen kann und ob optische oder haptische Veränderungen zu erreichen sind, sollen tiefer geklärt werden. Dabei wird gezeigt, welche biochemischen Hintergründe dazu beitragen, eine interdisziplinäre Grundlagenforschung im Textildesignzu betreiben und woher diese kommen.
Schließlich wird in breiten Versuchsaufbauten gezeigt, dass es möglich ist, Seide aufzulösen und an Wollfasern anzubinden. Dabei wird bei dem Löse- und Veredelungsverfahren der Einsatz von toxischen Substanzen vermieden und Energieeffizienz berücksichtigt. Die Anbindung von ReFib an Wolle kann eine Färbung bewirken, die Oberfläche und damit auch die Haptik verändern. Durch die Veredelung der Wolle wird diese teilweise spürbar weicher und fließender. Damit sind erste Antworten auf die Fragen des Experiments gefunden. Dennoch bleibt diese Arbeit ein Zwischenstand. Fragen der Beständigkeit, des Energiebedarfs und der Reproduzierbarkeit gilt es weiter zu stellen und zu beantworten. Es bedarf besser vergleichbarer Verfahren und Messtechniken, um die angestellten Aussagen zu validieren. Die bisherigen Versuche und Ergebnisse bieten Potential, hieran in Zukunft anzuknüpfen.
Technik: Flottenfärbung
Material: 100% Wolle + ReFib
Größe: 10cm x 10cm
ReFib
Die Entwicklung des Recyclingfibroins (ReFib) erfolgte im BioLab der BURG. Nach Farbsortierung von Geweberesten konnten so wasserlösliche Fibroine in Konzentrationen bis zu 10% wt gewonnen werden. Die flüssigen und teilweise pastösen Fibroine wurden in weiteren Schritten als textilveredelung erprobt. In Kooperation mit der Fibrothelium GmbH konnte auch in größeren Mengen Seidenfasern professionell gelöst werden. Aus diesen Materialien konnten formbare Fibroinmaterialien wie Schwämme, Filme und Formen erzeugt werden.
von links nach rechts:
Rohseide, Gewebereste, gelöstes Gewebe, dialysierte Lösung, ausgefallene Lösung
Technik: Refibfoam
Material: 100% Seide, ReFib.F.0.5
Größe: 10x5cm
Technik: Refibfilm
Material: 100% Seide, Fasern, ReFib.F.2.1
Größe: 9cm, Durchmesser
Lösemittel löst nur Seide, keine Cellulose
Material: Seidencellulosegewebe
Größe: 6x4cm
Färb
- Flottenveredelung
In Anlehnung an herkömmliche Flottenveredelungen wie das Färben wurde das wasserlösliche ReFib an Wollfasern angebunden. In verschiedenen Versuchsreihen konnte neben dem Fibroin auch der Farbstoff der Seide mit der Wollfaser verbunden werden. Anhand von Gegentests ist eine Vergleichbarkeit gegeben. Hierdurch wurden verschiedene Wollgarne, Gewebe und Gestricke veredelt und verglichen.
Technik: Flottenveredelung
Material: 100% Wolle, ReFib
Größe: 15cm
Technik: Gegentest
Material: Wolle, Baumwolle
Größe: 10x10cm
Technik: Flottenveredelung, warm, sauer
Material: Wolle, Baumwolle, ReFib.09
Größe: 10x10cm
Technik: Flottenveredelung
neutral, kalt, 0.1%wt.
Material: Wolle, ReFib.10
Größe: 20x10cm
Technik: Flottenveredelung
sauer, warm, 0.1%wt.
Material: Wolle, ReFib.13
Größe: 20x10cm
Coating
Hier werden Möglichkeiten gezeigt wie pastöses ReFib an Gewebe musterhaft aufgebracht werden kann. Es spielen Fibroin- sowie Farbstoffkonzentrationen eine Rolle, Einwirkmechanismen und die Zeitdimension. Zum Aushärten wurde mit verschiedenen Trocknungsverfahren gearbeitet.
Technik: Coating
Material: 100% Wolle, ReFib
Größe: 100x80 cm
Technik: Coating
Lochblech, Transferpresse.
Material: Wolle, ReFib-Paste10
Größe: 15x15cm
Technik: Coating
Lochblech, Transferpresse.
Material: Wolle, ReFib-Paste10
Größe: 15x15cm
Technik: Coating
Spachteln, Transferpresse.
Material: Wolle/BW, ReFib-Paste13
Größe: 20x20cm
Technik: Gegentest
gebügelt
Material: Wolle/BW
Größe: 20x20cm
Vielen Dank für die Unterstützung und Betreuung!
Prof. Bettina Göttke-Krogmann
Dr. Falko Matthes
Joachim Unterfrauner
Stephan Schmidt
Fotografien: Kim Cordes
Assistenz Fotoshooting: Karl Schinkel, Lukas Zettl
Bachelorarbeit im Textildesign der BURG Giebichenstein Kunsthochschule Halle am 01.02.2023, erstellt von Kim Cordes.
Materialspenden und Gerätenutzung
Barth & Könenkamp GmbH (Seidenreste)
BioLab BURG (Laborexperimente)
Coastland GmbH & Co. KG (Wollgewebe)
DTNW gGmbH (wissenschafliche Paper)
Fibrothelium GmbH (Fibroinlösungen)
Gebrüder Mehler GmbH (Garnkonen)
ITM TU Dresden. (Löseverfahren)
MLU Halle (Dialyseschläuche)
Nordwolle GmbH (Garne und Gewebe)
Rohleder GmbH (Garne)
Schleifenfänger Laura Hertel (Seidenreste)
Siebdruckwerkstatt BURG. (Experimente)
STFI e.V. (Maschinennutzung)
Zimmer + Rohde GmbH (Seidenreste)
Weberei BURG (Webstühle)